MODELLPROJEKT DEMOKRATISIERUNG ERFAHREN - EXTREMISMUS ENTGEGEN TRETEN (DE-EE) IN KOOPERATION MIT DER BiP

Der BK beteiligt sich maßgeblich am Projekt "Demokratisierung erfahren - Extremismus entgegen treten (DE-EE)" der Bildungspartner Main-Kinzig (vhs) durch Zurverfügungstellung des Konzepts der Demokratiewerkstätten und pro bono Beratungsleistungen bei der Anlage und Durchführung des Projekts. Die vhs der BiP wird für das Modellprojekt zur Extremismusprävention aus dem Programm "Demokratie stärken" des BMFSFJ gefördert. Hier geht es zu den Projektinformationen des Ministeriums. Weiter unten auf dieser Seite ist das Projekt ausführlich beschrieben.

Ausgangslage

Doppelte Unsicherheit erzeugt kognitive Dissonanzen bei:

  • Terrorwarnungen, d.h. stete Reproduktion objektiver Unsicherheit vs. subjektivem Gefühl der Sicherheit im Lebensumfeld;
  • Warnungen vor dezidiert islamisch-religiös geprägtem Extremismus vs. persönliche Erfahrung mit Menschen islamischen Glaubens.

    Idee

    • Durch umfassende Information umfassendes Verständnis fördern;
    • dem Extremismus die Freiheit entgegensetzen;
    • persönliche Schwerpunkte identifizieren und weiterbearbeiten;
    • kompetenten und selbstbewussten Umgang gewinnen mit:

          a) sicherheitsrelevanten Informationen und

          b) dem Islam als Teil der Alltagskultur

          Grobe Zeitleiste des Projekts

           

           

          Ausführliche Projektbeschreibung

          Ausgangslage

          Junge Menschen, auch im Main-Kinzig-Kreis (MKK), machen in ihrer Lebenswelt vielfach Erfahrungen mit Extremismus, auch wenn sie sich das in den jeweiligen Situationen nicht immer bewusst machen. In den Jahren seit den Terroranschlägen in den Vereinigten Staaten von Amerika vom 11. September 2001 ist neben die Erfahrungen mit Links- und Rechtsextremismus der religiös gewandete so genannte islamistische Extremismus hinzugekommen. Der tägliche Umgang mit Menschen islamischen Glaubens steht seitdem unter dem Vorzeichen eines gesamtgesellschaftlich ständig reproduzierten Generalverdachts, zum einen gegen die islamische Religion, zum anderen gegen die sich dazu bekennenden Menschen. Weltweite Terror- und Gefahrenwarnungen führen hier zu widersprüchlichem Empfinden, einem "Unbehagen" zumal bei jungen Menschen gegenüber muslimischen Mitbürgern, das häufig durch den alltäglichen Umgang mit diesen konterkariert wird.

          In einem solchen Klima der "doppelten Unsicherheit" können Jugendliche mit und ohne islamischen Glaubenshintergrund durch Kenntnisse über historische Demokratisierungs- und Aufklärungsprozesse, beispielsweise im christlich geprägten Okzident, sowie eigene Erfahrungen und Begegnungen zum einen selbstsicherer im Umgang mit Extremismus werden, zum anderen zu Multiplikatoren für ihre Mitbürger werden und so aktiv wie passiv echte Extremismusprävention gestalten.

          Das Projekt setzt bei historischen und aktuellen Demokratisierungsprozessen an. Der "Arabische Frühling", deren Zeugen wir derzeit sind, wird bereits in Anlehnung an und gleichsam Fortschreibung von Huntington und von Beyme als die "fünfte Welle der Demokratisierung" (u.a. von Leggewie und Engin) bezeichnet. Alle diese fünf Wellen waren bislang neben den immanenten Emanzipations- und Partizipationsentwicklungen auch von Säkularisierung gekennzeichnet. Auch, wenn kirchliche- und Glaubensgruppierungen in einzelnen Ländern eine Rolle in den jeweiligen Bewegungen gespielt haben. In der aktuellen Welle des so genannten "Arabischen Frühlings" spielen bislang extremistische Gruppierungen des "jihadistischen Islam" (Sirseloudi) keine prägende Rolle. Der Zusammenhang zwischen Demokratisierung, Emanzipation, gesellschaftlicher Teilhabe und einem Rückgang zumal religiös gefärbten Extremismus' ist also zumindest eine begründete These.

          Demokratie und Demokratisierung werden in dem Projekt jedoch keinesfalls als "Allheilmittel" gegen insbesondere islamisch geprägten, religiösen Extremismus gesehen. Doch die Kenntnis historischer und aktueller Demokratisierungsprozesse kann helfen, diese Ideologien zu erkennen und kritisch zu hinterfragen, die Prozesse selbst sind letztlich aller Erfahrung nach unvereinbar mit Extremismen. Das Projekt versteht sich insofern als elementarer und wichtiger Baustein in der Auseinandersetzung mit dem und der Bekämpfung des islamischen Extremismus. 

          Neben dieser religiösen Ausprägung des Extremismus gilt es auch dem politischen Links- und Rechtsextremismus zu begegnen. Der Wert der demokratischen Grundordnung sowie die Vermittlung der Eigenart des Extremismus, ob religiös oder poltisch bedingt, bilden dabei die Kernanliegen politischer Bildungsarbeit.

           

          Zur Projektanlage

          Das Projekt "Demokratisierung erfahren - Extremismus entgegen treten" möchte junge Menschen in die Lage versetzen, in ihrer Lebenswelt und darüber hinaus zu Botschaftern der Demokratisierung, der Aufklärung und der Extremismusprävention am Beispiel islamistischen Extremismus' zu werden. Dabei greift das Projekt auf die durch den Büdinger Kreis e.V. - überparteilicher Verein zur politischen Bildung & Kommunikation (BK) bereits in den Neunzigerjahren entwickelten Demokratiewerkstätten zurück, die an Schulen und in Gemeinden selbstorganisiert und abseits des Schulunterrichts politische Bildung betreiben. Die Bildungspartner Main-Kinzig Volkshochschule (BiP-vhs) streut das Projekt im MKK gemeinsam mit dem Büdinger Kreis e.V. und baut so ein Netzwerk Demokratiearbeit Main-Kinzig auf.

          Im ersten Schritt wird es dazu am 15. November 2011 eine zentrale ganztägige Auftaktveranstaltung für etwa 500 Jugendliche zwischen 16 und 19 Jahren aus verschiedenen Teilen des MKK geben, in der namhafte Historiker, Politikwissenschaftler, Philosophen, Soziologen und Sozialpsychologen, Islamwissenschaftler, Extremismusforscher und Sicherheitsexperten sowie Praktiker der Jugend- und Migrantenarbeit und Journalisten zum einen über die Themen Aufklärung, Demokratisierung, Islam, islamisch-religiös motivierter Extremismus, Sicherheits- und Bedrohungslage, Mechanismen der Terrorabwehr in Deutschland und Europa informieren sowie zum anderen gemeinsam Fragestellungen des täglichen Umgangs mit erlebbaren Formen des Extremismus bearbeiten. Das Programm der Veranstaltung steht hier zum Download bereit. Diese Fragestellungen sollen in Form einer Arbeitshilfe aufbereitet werden und allen Teilnehmern sowie der jungen Bevölkerung, aber auch den Pädagogen in den Schulen und den Jugendhilfeeinrichtungen im Main-Kinzig-Kreis zur Verfügung gestellt werden.

          Parallel soll es eine Onlineplattform geben, auf der bereits die Vorbereitung der Veranstaltung zwischen verschiedenen Demokratiewerkstätten und der BiP-vhs vernetzt und ebenfalls die Ergebnisse veröffentlicht und weiter verarbeitet werden können.

          Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Veranstaltung zum einen nicht an der Zielgruppe vorbei geplant wird, sie zum anderen auch nachwirkt, indem die Arbeitsergebnisse der Panels und Workshops weiter bearbeitet werden. Letzteres findet im zweiten Teil des Projekts statt. In den an weiterführende Schulen angegliederten Demokratiewerkstätten werden nun im weiteren Laufe des Schuljahres 2011/12 einzelne, dezentrale, kleinere Veranstaltungen zu Einzelthemen bzw. zu den in der Auftaktveranstaltung aufgeworfenen und erarbeiteten Fragestellungen statt. Die Reichweite dieser Einzelworkshops wird sichergestellt, indem sie wiederum online veröffentlicht und von allen Projektteilnehmern rezipiert, diskutiert und weiterbearbeitet werden können.

          Parallel bildet die BiP-vhs gemeinsam mit dem BK unmittelbar nach der zentralen Auftaktveranstaltung noch im November 2011 Teamer aus, die die Demokratiewerkstätten in der Arbeit an dem Projekt betreuen und die zur Vorbereitung der Einzelveranstaltungen beitragen.

          Ein letzter Meilenstein in der Förderphase des Projekts wird eine Multiplikatorenveranstaltung vom 7.-14. September 2012 mit Vertreter/innen aus allen beteiligten Demokratiewerkstätten in Niederbronn-les-bains im Elsass sein. Die bisherigen Ergebnisse der Bildungsarbeit werden zusammengetragen und systematisiert, das Projekt evaluiert und die Ergebnisse und Erfahrungen noch einmal mit Experten diskutiert - damit auch in die entsprechenden Fachkreise getragen. Über eine mögliche Weiterführung bzw. weitere Verbreiterung des Projekts soll hier ebenfalls diskutiert und entschieden werden. Der historisch-politische Hintergrund des Elsass als geopolitisch bedeutende und hoch umstrittene Region, die es noch vor sechzig Jahren und über die Jahrzehnte davor war, wird bei der Gestaltung des Multiplikatorenworkshops eine entscheidende und prägende Rolle spielen.

          Das Gesamtprojekt bildet damit einen Anschub, der als Baustein im Rahmen der politischen Bildungsarbeit der Demokratiewerkstätten nachhaltig weitergetragen werden soll. Für nähere Informationen oder Fragen zum Projekt wenden Sie sich gerne jederzeit an uns.